Live-Schaltung in den Kreistag: Politiker befragen abgeordnetenwatch.de per Skype

Anhörung 2.0: Per Skype ist abgeordnetenwatch.de kürzlich in eine Sitzung des Kreistages in Offenbach dazugeschaltet worden. Die Politiker wollten sich aus erster Hand über einen möglichen Start des Portals informieren. Über die vereinzelte Kritik einiger Politiker an abgeordnetenwatch.de informierten die Piraten in Echtzeit - via Twitter aus dem Sitzungssaal.

von Martin Reyher, 19.03.2012

Freitag, 9 Uhr, Kreis Offenbach. Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses - auf der Tagesordnung steht: abgeordnetenwatch.de. Die Piraten hatten beantragt, abgeordnetenwatch.de für den Kreis Offenbach im Ausschuss zu behandeln. Normalerweise geht die Initiative zu abgeordnetenwatch.de in einer Kommune oder einem Landkreis von Bürgerinnen und Bürgern aus und nicht von Politikerinnen und Politikern. Nun also mal andersrum – warum nicht?! Wir wurden gebeten, unser Projekt im Ausschuss per Skype-Live-Schaltung vorzustellen und kamen dem Wunsch gerne nach. abgeordnetenwatch.de in einer Ausschusssitzung vorstellen, wie kann das ablaufen? Wer schon einmal derartige Sitzungen besucht hat, weiß, dass diese sehr formal ablaufen. Das heißt: Tagesordnungspunkte müssen beantragt werden, über Änderungen der Tagesordnung wird abgestimmt – und ganz wichtig: Das Wort bekommt man vom Ausschussvorsitzenden erteilt.

Kreistag Offenbach befasst sich mit abgeordnetenwatch.de - wir sind live per Skype zugeschaltet

Erstmalig gab es eine Internet-Live-Schaltung in eine Kreistagssitzung, wie der Ausschussvorsitzende Volker Horn (CDU) einleitete – und die Technik konnte sich bewähren. Dank angeschlossener Mikrofone war jedes Wort auch hier, im fernen Hamburg, deutlich zu verstehen. Das Videobild rundete die Onlineübertragung ab. Nach einer kurzen Präsentation, in der das Kommunalprojekt von abgeordnetenwatch.de vorgestellt wurde, konnten die Ausschussmitglieder ihre Fragen an abgeordnetenwatch.de stellen und bekamen sie natürlich auch beantwortet: Ist es nötig, dass der Kreistag bzw. der Stadtrat die Teilnahme am Projekt beschließt? abgeordnetenwatch.de wird auf kommunaler Ebene von Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet und möglich gemacht. Nichtsdestotrotz freuen wir uns natürlich über einen Kreistag oder ein anderes kommunales Gremium, das von sich aus Transparenz in die Politik bringen möchte. Ein Beschluss ist also nicht nötig, aber möglich. Muss der Kreistag/Stadtrat komplett teilnehmen oder können sich einzelne Kreistagsabgeordnete entscheiden unabhängig teilzunehmen? abgeordnetenwatch.de ist  überparteilich, zudem dürfte es für die meisten Nutzer unverständlich sein, wenn nur ein Teil der Abgeordneten aufgeführt ist. Deshalb werden immer alle Mitglieder eines Kreistags/Stadtrats aufgenommen. Wieso werden auch Abgeordnete aufgenommen, die keinen Onlinedialog führen möchten? Wir gehen davon aus, dass sich jede Mandatsträgerin und jeder Mandatsträger bewusst für das öffentliche Mandat entschieden hat. In einer demokratischen Gesellschaft sollten Bürgerinnen und Bürger darüber entscheiden, auf welchem Weg sie einen Politiker oder eine Politikerin kontaktieren möchten - ob öffentlich oder unter vier Augen. Der öffentliche Dialog auf abgeordnetenwatch.de ist deshalb eine sinnvolle Ergänzung der bisher üblichen Kommunikationswege wie E-Mail, Brief oder Bürgersprechstunde. Die Entscheidung auf eine Bürgerfrage zu antworten obliegt selbstverständlich beim Abgeordneten.

Tweets derPiraten aus der Sitzung

Wie wird das Projekt finanziert? Muss der Kreistag Unterstützung leisten? abgeordnetenwatch.de finanziert sich größtenteils aus Spenden. Auch für die kommunale Ebene sichern bereits engagierte Bürgerinnen und Bürger das Projekt durch Spenden. Können Fragen anonym gestellt werden? Nein, Fragesteller müssen immer Name und Wohnort angeben. Auf diese Weise sichern wir die Kommunikation auf Augenhöhe. Daher achtet unser geschultes Moderationsteam, das die Fragen auch z.B. auf Beleidigungen hin überprüft, auch auf die Fragesteller. Im Zweifel wird ein Fragesteller gebeten seine Identität per Ausweiskopie zu bestätigen.

 

Im Verlauf der Kreistagssitzung kam es auch zu durchaus kritischen Reaktionen. Die CDU finde es "heftig", so teilten es die Piraten via Twitter live aus der Sitzung mit (s. rechts), dass bei abgeordnetenwatch.de allein das Interesse von Bürgern ausreiche, um ein Kommunalparlament befragbar zu machen. Letztlich wurde beschlossen, die Abstimmung über abgeordnetenwatch.de im Ausschuss zu vertagen, um allen Mitgliedern die Gelegenheit zu geben, sich mit den neuen Erkenntnissen auseinandersetzen zu können. abgeordnetenwatch.de war übrigens nicht der einzige Punkt zum Thema Bürgerdialog an diesem Tag. Weitere Anträge von anderen Fraktionen hatten ebenfalls das Ziel, dem Bürger die Arbeit des Kreistages näher zu bringen. Wir freuen uns über das große Interesse an abgeordnetenwatch.de und begrüßen die kritische Auseinandersetzung mit den Themen Bürgernähe und Transparenz.

 

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