Malte Priesmeyer
FDP
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Frage von Franz P. •

Frage an Malte Priesmeyer von Franz P. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Kandidat,

In den letzten Monate hörte man aus den Reihen der FDP immer wieder die Forderung nach Abschaffung der Bezirke und Zentralisierung der Verwaltung. Ihre AGH-Fraktion hatte sogar ein entsprechendes Gutachten gezahlt.

Wie stehen Sie persönlich bzw. wie steht die Partei mittlerweile zu diesen Aussagen?

Mit freundlichen Grüßen
F. Petrowsky

Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Petrowsky,

die Diskussion über die Zukunft der Bezirke ist in der FDP noch immer in vollem Gange. Sie stellt sich auch nicht ganz so simpel dar, wie es Ihre vermutlich durch die Medienberichterstattung beeinflußte Frage vermuten läßt.

Zunächst zum Gutachten, das im Auftrag der FDP-Abgeordnetenhausfraktion erstellt wurde. Es hatte mitnichten die Zielvorgabe, die Bezirke einzudampfen, sondern soltle vielmehr Modelle für eine effiziente Landesverwaltung aufzeigen. Der Gutachter hat drei Modelle durchgerechnet, kurz gesagt: a) alles bleibt wie es ist; b) die Bezirke erhalten im Land Berlin eine Art Landkreisstatus und c) die Bezirke werden abgeschafft und durch noch kleinteiligere Einheiten mit deutlich geringeren Kompetenzen ersetzt. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die Modelle b) und c) Einsparungen ergeben, die bei c) am größten seien. Da ich als Politologe weiß, dass der Gutachter ein hohes wissenschaftliches Renommée genießt, zweifle ich seine Schlußfolgerungen nicht an.

Allerdings bin ich dezidiert der Meinung, dass sie nicht umgesetzt werden sollten, sondern bin persönlich ein großer Freund des "Landkreis-Modells" (was einer der ganz wenigen politischen Punkte ist, an dem ich mich mal mit den "Grünen" treffe). Denn Politik ist keine betriebswirtschaftliche Rechenaufgabe - dann könnte man sie Managern überlassen - sondern ein Wirkungsverhältnis von Macht, Interessen und deren Ausgleich. Die Bezirke sind in Berlin die bürgernähste Form der Politikbeteiligung, die wir haben. Die gutachterlichen kleinteiligen Einheiten stellen für mich nur eine Politikschimäre, ein Placebo dar. Schon die Kompetenzen der BVVen und der Bezirksämter empfinde ich als gebürtiger und aufgewachsener Niedersachse eher als deutlich zu bescheiden geraten.

Viel sinnvoller finde ich, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen und die Politik wieder dichter an die Bürgerinnen und Bürger zu bringen: Die FDP hat in den letzten fünf Jahren möglich gemacht, dass 16/17-jährige die BVVen mitwählen dürfen. Die FDP hat die Einführung der bezirklichen Bürgerbegehren ermöglicht. Die FDP Tempelhof-Schöneberg hat permanent auf die Veröffentlichung der BVV-Akten im Internet gedrungen und will die BVV-Sitzungen im Offenen Kanal übertragen lassen.

Lassen Sie mich meine persönliche Überzeugung so zusammenfassen: Berlin ist zu groß und zu verschieden für eine Zentralverwaltung, die das Abgeordnetenhaus mit seinen Mitteln nicht effizient kontrollieren können wird. Wir brauchen trennscharfe Kompetenzen, Landespolitik gehört ins Abgeordnetenhaus, Kommunalpolitik in die BVVen. Und letztere wiederum benötigen viel mehr öffentliche (=mediale) Kontrolle als heute.

freundlich grüßt
Malte Priesmeyer