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Frage von Mark P. •

Frage an Wolfgang Gunkel von Mark P. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Gunkel,

als Mitglied des Innenausschusses und ehem. Polizeipräsident sind Sie hoffentlich der richtige Ansprechpartner für meine Fragen zur Verschärfung des WaffG, denen die anderen Abgeordneten lieber ausweichen, als sie klar zu beantworten:

1. Wie beurteilen Sie die falschen Aussagen des KD Oliver Tölle als Sachverständiger vor dem Innenausschuss (http://www.visier.de/1542a.html)? Sollten damit die Abgeordneten beeinflusst werden?

2. Viele Abgeordnete bezeichnen Einhand-Taschenmesser immer wieder als „Kampfmesser“. Sollen mit diesem populistischen Begriff (vgl. „Killerspiele“) die Wähler beeinflusst werden?

3. Das BMI geht davon aus, dass durch die Gesetzesverschärfung „die Zahl der Gewalttaten mit Messern zurückgeht“. Womit wird diese Vermutung belegt? Eine Verschärfung des WaffG hat weder in Deutschland (seit dem letzen Messer-Verbot von 2003) noch in anderen Ländern (Herr Wieland, 20.06.08) zu einem Rückgang der Kriminalität geführt! Warum sollte sich das aktuelle Führungsverbot völlig anders auswirken?

4. Wieso wurde der Empfehlung des Dr. Császár an den Innenausschuss nicht gefolgt, der von einem Messer-Verbot abgeraten hat?

5. Gem. Pressemitteilung des BMI und der Aussage des Dr. Schäuble auf abgeordnetenwatch.de vom 09.04.08 soll ein verantwortungsbewusster Bürger durch das Führungsverbot nicht beeinträchtigt werden. Darf ich mein Einhandmesser demzufolge weiterhin für alltägliche Aufgaben in der Hosentasche tragen? Falls nein, was wird dann unter einem „sozialadäquaten Gebrauch“ verstanden?

6. Dürfen auch Springmesser nicht mehr geführt werden und falls ja, wo steht dies im Gesetz?

7. Als (Haupt-) Zielgruppe der Gesetzesverschärfung wurden die „gewaltbereiten Jugendlichen“ genannt. Für diese wäre eine Altersbeschränkung viel eindeutiger und damit wirkungsvoller! Widerspricht es dann nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, alle gesetzestreuen Bürger unnötig einzuschränken, nur weil es auch einige erwachsene Kriminelle gibt?

MfG

Mark Padberg

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Padberg,

auf Ihre Fragen antworte ich im Einzelnen wie folgt:

1. Herr Tölle ist, wie Sie schon richtig feststellten, als Sachverständiger aufgetreten. Für mich war er dabei einer von vielen Experten und aus dieser Vielfalt der Beiträge habe ich mir auch meine Meinung gebildet. Ob Herr Tölle vorhatte, mit seiner Aussage die Abgeordneten zu beeinflussen, kann ich Ihnen nicht sagen.

2. Ich bezeichne Einhand-Taschenmesser nicht als "Kampfmesser". Wenn dies meine Kolleginnen und Kollegen tun, kann ich das nicht nachvollziehen, möchte aber auch nicht beurteilen, ob dies populistisch ist.

3. Womit das Innenministerium seine Ansicht begründet, kann ich Ihnen nicht sagen, vielleicht fragen Sie direkt dort nach.
Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass ein Verbot, bestimmte Waffen bei sich zu führen auch eine geringere Kriminalität in diesem Bereich nach sich zieht. Schließlich dürfen Sie die abschreckende Wirkung der Androhung der Geldbuße, die immerhin bis zu 10.000 Euro betragen kann, nicht außer Acht lassen. Andernfalls müsste sich der Gesetzgeber die Frage stellen, ob es überhaupt effektiv ist, bestimmte Handlungen unter Strafe, zu stellen, bzw. als Ordnungswidrigkeit zu erklären, wenn er die abschreckende Wirkung bezweifeln würde.

4. Wie Sie bereits in meiner Antwort zu Frage 1 nachlesen konnten, erfolgt die Meinungsbildung der Abgeordneten nicht aufgrund einer einzigen Aussage. Insofern führte auch in dieser Frage die Zusammenschau aller Expertenauffassungen zur gesetzlichen Regelung.

5. Der sozialadäquate Gebrauch ergibt sich aus der Legaldefinition des Paragraphen 42 a Absatz 3 Waffengesetz: Ein berechtigtes Interesse nach Absatz 2 Nr. 3 liegt insbesondere vor, wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck dient.
Insofern dürfen Sie das Messer nur für einen der oben genannten Zwecke in Ihrer Hosentasche tragen, nicht aber für alltägliche Aufgaben.
Um die Regelung besser nachvollziehen zu können, habe ich Sie Ihnen noch einmal angefügt.

§ 42a
Verbot des Führens von Anscheinswaffen und bestimmten tragbaren Gegenständen

(1) Es ist verboten
1. Anscheinswaffen,
2. Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr.
1.1 oder
3. Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder
feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12cm zu führen.

(2) Absatz 1 gilt nicht
1. für die Verwendung bei Foto-, Film oder Fernsehaufnahmen oder
Theateraufführungen,
2. für den Transport in einem verschlossenen Behältnis,
3. für das Führen der Gegenstände nach Abs. 1 Nr. 2 und 3, sofern ein
berechtigtes Interesse vorliegt.
Weitergehende Regelungen bleiben unberührt.

(3) Ein berechtigtes Interesse nach Absatz 2 Nr. 3 liegt insbesondere vor, wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck dient.

6. Springmesser, deren Klinge seitlich aus dem Griff herausspringt und deren aus dem Griff herausragender Teil der Klinge höchstens 8,5 cm lang ist und nicht zweiseitig geschliffen ist, sind nicht verboten (Anlage 2 1.4.1. zum Waffengesetz)

7. Meiner Ansicht nach gibt es in jeder Altersgruppe gewaltbereite Menschen, die Waffen für Straftaten missbrauchen. Insofern sehe ich das grundsätzliche Verbot verschiedener Waffen gerade nicht als unverhältnismäßig an.
Die "gewaltbereiten Jugendlichen" stellen natürlich eine besondere Herausforderung für die öffentliche Sicherheit dar, allerdings denke ich, dass die generelle Gefährlichkeit bestimmter Gegenstände auch ein grundsätzliches Verbot rechtfertigt.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Gunkel