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Axel Knoerig
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Frage von Alexander T. •

Frage an Axel Knoerig von Alexander T. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Knörig,

werden Sie einem 3. Rettungspaket für Griechenland zustimmen, wenn dieses zu Abstimmung gestellt wird?

Mich interessiert das unabhängig davon, welche Details dieses vorsehen mag, sondern lediglich, ob Sie zustimmen oder nicht.

Herzliche Grüße aus Kirchweyhe,

Alexander Thalhammer

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Sehr geehrter Herr Thalhammer,

haben Sie vielen Dank für Ihre Mail vom 13. Juli 2015 zur jüngsten Sondersitzung des Deutschen Bundestages zum Thema Griechenland. Im Folgenden möchte ich Ihnen gern näher erläutern, warum ich − unter Berücksichtigung mehrerer wichtiger Gründe − dem Antrag unseres Bundesfinanzministers am 17. Juli 2015 zugestimmt habe.

Zunächst ist festzuhalten, dass dieser Beschluss des Deutschen Bundestages keineswegs eine automatische Freigabe weiterer Gelder an die Griechen bedeutet. Vielmehr hat der Bundestag lediglich einer erneuten Aufnahme von Verhandlungen der EU mit Griechenland zugestimmt. Um zwischenzeitlich die Liquidität der griechischen Banken wiederherzustellen, wurde außerdem eine einmonatige Brückenfinanzierung in Höhe von sieben Milliarden Euro freigegeben. Diese Maßnahmen waren zuvor einstimmig von den 19 Ländern der Eurozone beschlossen worden. In den kommenden Wochen wird nun über ein dreijähriges Hilfspaket mit einem Gesamtvolumen von 86 Milliarden Euro verhandelt, über welches der Bundestag voraussichtlich zum Ende der Sommerpause entscheiden wird.

Zum besseren Verständnis der jetzigen Situation sollte man wissen, dass Griechenland vor den Wahlen im Januar 2015 nach fünfjähriger Stabilitätshilfe durch die Europäische Union, den IWF und die EZB auf einem guten Weg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise war. So konnte das Land Ende 2014 europaweit die höchsten Wachstumsraten in der Wirtschaft verbuchen, während die Arbeitslosigkeit zu sinken begonnen hatte. Diesen positiven Aufwärtstrend hat die sozialistische Regierung Tsipras allerdings mit ihrer Verschleppung der Kreditverlängerung seit April 2015 völlig ins Gegenteil gekehrt und damit immensen volkswirtschaftlichen Schaden im eigenen Land angerichtet. Mit der Schließung der Banken und den Kapital-verkehrskontrollen wurden die Einlagevermögen inzwischen so stark reduziert, dass allein 25 Milliarden Euro notwendig sind, um die Bankenliquidität zu sichern.

Die Finanzstabilisierung und die Schuldentragfähigkeit Griechenlands müssen nun erneut geprüft werden. Um sicherzustellen, dass die Umsetzungsrisiken vereinbarter Haushaltsziele im Verantwortungsbereich Griechenlands bleiben und nicht auf die europäischen Steuerzahler überwälzt werden, sind strikte Auflagen vorgegeben. So enthalten die jetzt im griechischen Parlament verabschiedeten Maßnahmen halb-automatische Ausgabenkürzungen für den Fall einer drohenden Abweichung von den vereinbarten Zielen.

Ich hoffe, dass Griechenland sich nun endlich an das europäische Prinzip von Solidarität und Gegenleistung hält und in den aktuellen Verhandlungen zu einem konstruktiven Ergebnis bereit ist. Die Mehrheit der Griechen wünscht sich dem Votum zufolge, im Euroraum zu verbleiben und den Euro als Zahlungsmittel zu behalten. Wir sind weiterhin bereit, der griechischen Bevölkerung, die unter der Wirtschaftspolitik der Regierung Tsipras leidet, zu helfen. Aber: Dies ist Griechenlands letzte Chance, ein Ausscheiden aus der europäischen Währungsunion zu vermeiden.

Dabei sollte klar sein, dass ein „Grexit“ sowohl für das Land selbst als auch für Europa kaum kalkulierbare Folgen hätte. Griechenland würde damit in eine wirtschaftliche und soziale Schieflage geraten, die weitaus schlimmer für die Bevölkerung wäre als eine geregelte Staatsinsolvenz. Vermutlich würden in Folge auch die Euro-Länder mit hoher Staatsverschuldung in finanzielle Schwierigkeiten geraten und auf dem Kapitalmarkt schwieriger an Geld kommen. Das würde die bisher sehr erfolgreiche Stabilitätspolitik in Spanien, Portugal, Irland und Zypern massiv gefährden.

In der ganzen Debatte um den „Grexit“ sind zudem außen- und sicherheitspolitische Aspekte zu beachten: Mit einem Austritt aus der Eurozone würde Griechenland sich geopolitisch neu ausrichten und sich ggf. verstärkt Handelspartnern wie Russland und China zuwenden. Da Griechenland auch der NATO angehört, wäre diese Umorientierung sicherlich nicht im Interesse der europäischen Partner.

Ähnliches gilt für die Flüchtlingsproblematik: Wenn sich Griechenland nicht länger einer gemeinsamen europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik verpflichtet fühlen würde, könnten die Flüchtlingsströme aus Afrika und dem Nahen Osten über das Mittelmeer unkontrolliert nach Europa gelangen. Bereits jetzt kommen täglich 1.000 Flüchtlinge in Griechenland an, um von dort weiter nach Westeuropa zu gelangen. Im ersten Quartal 2015 waren es rund 40.000 Asylsuchende.

All diese Punkte sind zu berücksichtigen in der Debatte um Stabilitätshilfe für Griechenland. In sorgfältiger Abwägung der genannten Argumente habe ich mich für die Zustimmung zu weiteren Verhandlungen entschlossen, allerdings nur unter den ebenfalls ausgeführten Voraussetzungen. Ich hoffe, dass Sie meine Entscheidung damit nachvollziehen können.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Knoerig MdB

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