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Christiane Blömeke
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Thomas O. •

Frage an Christiane Blömeke von Thomas O. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Blömeke,

der Senat hat mit dem sogenannten „Modell Hamburg Süd“ den Einstieg in eine private Gebäudebewirtschaftung beschlossen. Zunächst mit der stadteigenen GWG Tochter, soll nach dem Willen des jetzigen Senats eine echte Privatisierung des Gebäudemanagements an Schulen unter dem Deckmäntelchen „PPP / ÖPP“ umgesetzt werden. Wie die Berliner Morgenpost kürzlich berichtete, hat die SPD gemeinsam mit der Linkspartei in Berlin ein geplantes ÖPP-Projekt im Bezirk Reinickendorf gestoppt, weil die Kosten unkalkulierbar sind und das Risiko, wie bei PPP Verträgen üblich, bei der Stadt bleiben würde. Auch in Chemnitz wurde aus Kostengründen ein solches Projekt gestoppt, ebenso ein Kita-Neubau in Hannover.
Verdient wird privat und bezahlt wird öffentlich! Bei einer Laufzeit von 25 Jahren werden die heutigen Entscheidungsträger nicht mehr im Amt sein, wenn die Stadt ca. 100 –150 Millionen € jährlich mehr für den Unterhalt der 430 Schulen aufbringen muss als bisher. Diese Zahlen errechnen sich aus dem PPP Projekt im Landkreis Offenbach, die innerhalb eines Jahres für rund 88 Schulen statt bisher 20 Millionen nun schon 57Millionen € jährlich aufwenden müssen ohne auch nur ein Schulbuch oder Schulmöbel bezahlt zu haben.
Bisher hat nur Dr. Michael Naumann (SPD) der Fachgruppe Schulen in ver.di gegenüber Ablehnung zur Privatisierung von Schulen, in welcher Form auch immer geäußert. Auch nach vielen Gesprächen mit verschiedenen Abgeordneten, unter anderem auch mit Christa Goetsch, ist keine klare Positionierung zu erkennen. Wenn wir über die Zukunft und Eigenständigkeit der Schulen (SvS) reden, sollte dieser Aspekt nicht vernachlässigt werden.
·Wann werden neutrale Experten (z.B. Robert Kösling, Universität Potsdam, Urbane Infrastruktur) einbezogen?
·Können sich die Grünen tatsächlich Schulen vorstellen, an denen gewinnorientiertes Handeln der pädagogischen Gestaltung im Wege stehen wird?

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Osse

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Osse,

zunächst einmal bitte ich Sie um Verständnis, dass die Antwort etwas länger, als gewöhnlich brauchte, denn ich benötigte zunächst einige Zeit für die Recherchen. Nun kann ich Ihnen aber umfassend antworten.

Es überrascht mich, wenn sie schreiben, dass sie selbst nach einem Gespräch mit meiner Kollegin Goetsch, keine klare Positionierung erkenne konnten. Die GAL hat in der Frage "Wer verwaltet die Schulgebäude" seit einigen Jahren eine klare Positionierung. Folgende Punkte bildeten und bilden die Grundlage unserer Überlegungen:

- Die Gestaltung der Schule und Außengelände (Schulräume, Schulhof, Gärten, Sportanlagen u.s.w.) unter pädagogischen Gesichtpunkten bleibt bzw. wird Aufgabe der schulischen Gremien.

- Die weitere Entwicklung der Autonomie von Einzelschulen muss gefördert werden. Soll eine Schule verantwortlich geführt werden, so muss Transparenz über alle Kosten dieser Schule hergestellt werden. Nur eine Schulleitung, die "ihre" Kosten kennt, kann Maßnahmen ergreifen, Kosten zu senken oder Mittel anders einzusetzen. Dies gilt auch beispielweise für die Energieversorgung der Schule (fifty-fifty-Projekt!)

- Erwirtschaftete Vorteile müssen in der Schule bleiben!

- Alle MitarbeiterInnen (auch der Hausmeister) bleiben MitarbeiterInnen der Schule.

- Professionalisierung im Gebäudemanagement muss zu vollständiger Transparenz - auch beim staatlichen Eigentümer von Schulgebäuden - führen. Bisherige, von der Kameralistik deformierte Verwaltungsformen müssen radikal verändert werden. Bilanzierung schafft Klarheit.

- Mit der Ressource "Schulraum" muss sparsam (im Sinne von angemessen) umgegangen werden und wirtschaftlicher Umgang mit Betriebskosten wird zur Selbstverständlichkeit.

So weit diese Gesichtspunkte im Vordergrund zukünftiger Gestaltung, so wird die Autonomie einer Schule letztendlich nicht davon abhängig sein, ob sie sich wie ein ?Mieter? oder wie ein ?Eigentümer? ihrer Gebäude verhalten muss. Vor diesem Hintergurnd und wegen der Ausgestaltung und finanziellen Konsequenzen standen wir der Umsetzung des Modell-Projekt Hamburg Süd vom Anfang an mit großer Skepsis gegenüber. Unter anderem als Folge der Gespräche mit Ihnen und anderen KollegInnen aus den Schulen haben wir einen eigenen Antrag in der Bürgerschaft eingereicht, den ich Ihnen nachfolgend dokumentiere. Für weitere Rückfragen steht ihnen selbstverständlich auch Frau Geotsch zu Verfügung. So weit zunächst herzliche Grüße direkt an Sie von Christiane Blömeke

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache 18/6391 18. Wahlperiode 06. 06. 07

Antrag der Abgeordneten Christa Goetsch, Dr. Willfried Maier, Christiane Blömeke, Dr. Verena Lappe, Manuel Sarrazin (GAL) und Fraktion zu Drs. 18/5799

Betr.: Mehr Schulautonomie: Den Schulen Bau und Bewirtschaftung ihrer Gebäude übertragen - dem Modell Hamburg Süd ein Modell West, Nord oder Ost gegenüberstellen In der Expertenbefragung zum Modell Hamburg Süd - Übertragung der Verantwortung für Bau und Bewirtschaftung von 32 Schulen im Süden Hamburgs auf die GWG Gewerbe - wurde in der Debatte über den Wirtschaftlichkeitsvergleich deutlich, dass bei der Vergleichsgröße "öffentliche Eigenrealisierung" Optimierungspotential unberücksichtigt blieb.
Die positiven Erfahrungen der Beruflichen Schulen, sowie der allgemeinbildenden "Option-1"-Schulen, die Bau und Bewirtschaftung ihrer Gebäude in Eigenregie und mit eigenem Budget erbringen, fanden keinen Eingang in die Ermittlung der Vergleichskosten. Dabei hat beispielsweise die Neuerstellung der Gebäudepässe der Berufsschulen nach vier Jahren autonomer äußerer Schulverwaltung ergeben, dass die Schulen den Zustand ihrer Gebäude in dieser Zeit bei gleichbleibenden Ressourceneinsatz erheblich verbesserten.

Auch die Verwaltungsabläufe innerhalb der BBS sind offenbar nicht optimal organisiert. Das belegt unter anderem die Resolution des Personalrates der BBS vom 28. Februar 2006, in dem "die Verantwortlichen in der BBS und im Senat" aufgefordert werden, die Verwaltungsabläufe im Bereich des Gebäudemanagements der Schulen zu verbessern.
Um mit Sicherheit das vorteilhafteste Verfahren von Bau und Bewirtschaftung der Hamburger Schulen zu ermitteln, ist ein Vergleich des Modells Süd mit einer öffentlichen Eigenrealisierung geboten, die alle erkennbaren Optimierungspotentiale ausgeschöpft hat.

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:
Parallel zum Modell Hamburg Süd wird eine zweite Modellregion eingerichtet. Die teilnehmenden Schulen führen Erweiterungsbauten, Sanierungen und Bewirtschaftung der Gebäude in eigener Verantwortung durch.
Je nach Umfang der erforderlichen Bauten, sowie dem gebotenen Sanierungs- und Bewirtschaftungsaufwand erhalten die Schulen ein individuelles Budget, das - wie im Modell Süd - den Ausbau und die Sanierung innerhalb von fünf Jahren ermöglicht.
Die teilnehmenden Schulen erhalten personelle Unterstützung durch bisherige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BBS, die durch die Straffung der Abläufe in der Schulbauverwaltung und Schulbewirtschaftung oder durch den Übergang von Aufgaben an die GWG Gewerbe im Zuge des Modells Hamburg Süd innerhalb der Behörde frei-werden und als Bau- und Bewirtschaftungsbeauftragte an die teilnehmenden Schulen wechseln.

Die Schulleitungen der teilnehmenden Schulen behalten die Personalhoheit über die Hausmeisterinnen und Hausmeister.
Die Teilnahme der Schulen erfolgt freiwillig.
Nach Abschluss der Bau- und Sanierungsmaßnahmen werden die beiden Modellregionen vergleichend evaluiert und die Ergebnisse der Bürgerschaft berichtet. Eine zweite vergleichende Evaluation erfolgt fünf Jahre nach Abschluss der Bau- und Sanierungsphase mit Blick auf den Erhalt und die Bewirtschaftung der Schulgebäude.
Parallel wird die BBS aufgefordert, die behördeninternen Verwaltungsabläufe im Gebäudemanagement der Schulen zu optimieren und darüber bis zum 31.10.07 zu berichten.

GAL-Bürgerschaftsfraktion
Christiane Blömeke (MdHB)
Sprecherin für Kinder- und Jugendpolitik