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Hubertus Heil
SPD
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Frage von Gerhard W. •

Frage an Hubertus Heil von Gerhard W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag Herr Heil,

zu den aktuellen Vorgänge stellt sich mir die Frage:
sind Sie der Meinung, dass parteiinterne Solidarität wichtiger ist, als Menschenrechte, Frieden und Völkerrecht?
Sie erklären aktuell, es gebe keine Belege für ein Fehlverhalten des Herrn Steinmeier.
Dabei müssten Ihre Schubladen inzwischen nur so davon überquellen.
Möglicherweise funktioniert Ihre Büroorganisation auch nicht nach Plan. Deshalb helfe ich Ihnen gern ein wenig aus:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,461282,00.html
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/915/98817/
http://www.sueddeutsche.de/,tt3m2/deutschland/artikel/959/98861/
Außerdem: erinnern Sie sich an den Krieg im vergangenen Sommer?
Damals forderte der SPD-Vorstand eine sofortige Waffenruhe.
Was tut Ihr Herr Aussenminister? Er sabotiert eben diesen Beschluss, er stellt sich gegen die große Mehrheit der EU-Regierungen und verweigert die Zustimmung zu einer Waffenruhe auf der Konferenz in Rom - zusammen mit seinen neokonservativen Lehrmeistern aus Washington und London.
Er ist damit mitverantwortlich für die Verwüstungen und viele Kriegsopfer dort und die Kontaminierung im Süden des Landes mit Millionen Streubomben.
Vergessen Sie möglicherweise, dass diese Dinge dem Publikum nicht unbekannt sind, und dass Ihr Herr Aussenminister mit seiner Missachtung gegenüber anerkannten Grundsätzen der Menschenrechte, des Völkerrechts, der Gesetze unseres Landes sich auf dem besten Weg befindet, in die Fusstapfen diverser gewissenloser Schreibtischtäter zu treten?
Gehört dergleichen Gewissenlosigkeit zu den Kompetenzmerkmalen Ihrer Partei?
Dass Herr Steinmeier hier völlige Begriffsstutzigkeit an den Tag legt, qualifiziert ihn m.E. nicht als Regierungsmitglied, sondern höchstens als treuen Anhänger seiner neokonservativen Vorbilder Bush und Blair, die Völker- und Menschenrechte mit Füßen treten und an ihren Stühlen kleben, obwohl die Bevölkerung diese Politik für bodenlos hält..
Entspricht das der Politik der SPD??

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wendebourg,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch.de. Gerne möchte ich Ihnen hierauf antworten.

Die Bundesregierung, insbesondere Frank Walter Steinmeier, hat sich in der Vergangenheit bei zahlreichen Gelegenheiten gegenüber der amerikanischen und türkischen Seite für Murat Kurnaz eingesetzt. Es gab kein offizielles Angebot der USA, Murat Kurnaz freizulassen. Es gab Ende 2002 Überlegungen einzelner Mitarbeiter deutscher und amerikanischer Sicherheitsbehörden Murat Kurnaz als V-Mann in die islamistische Szene in Deutschland einzuschleusen. Darauf wollte und konnte sich die Bundesregierung nicht einlassen. Tatsächlich teilten US-Stellen im Februar 2003 mit, dass eine Freilassung Murat Kurnaz nicht beabsichtigt sei. Auch nach türkischen Angaben haben die USA unter Hinweis auf besonders schwere Vorwürfe gegen ihn die Freilassung verweigert.

Die rot-grüne Bundesregierung hat in der schwierigen Sicherheitslage nach den Anschlägen des 11. September 2001 nach klaren Prinzipien gehandelt: sowohl größtmögliche Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen ohne dabei die rechtsstaatlichen Prinzipien zu gefährden. Das galt auch im Fall Kurnaz. Jeder, auch wenn er des Terrorismus verdächtigt wird, hat Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren.

In diesem Sinne habe ich keinen Zweifel an der Integrität von Frank Walter Steinmeier. Er hat mein volles Vertrauen und das der SPD.

Ein Letztes zur Beteiligung Deutscher Streitkräfte an Auslandseinsätzen, insbesondere im Hinblick auf die Ereignisse im Libanon vergangenen Jahres.

Die Bundesregierung hat deutsche Mariensoldaten in den Nahen Osten geschickt, also in eine Region, in der seit Jahrzehnten ein Konfliktherd vorhanden ist, der verantwortlich ist für viele Auseinandersetzungen auf diesem Globus. Dabei wurde die Tradition der Auslandseinsätze der Bundeswehr weiterverfolgt, nach der die Bundeswehr nur eingesetzt wird, wenn es ein Mandat der UN oder einer vergleichbaren übernationalen Organisation gibt, und das war in dem Fall mit der Resolution 1701 gegeben. Alle betroffenen Länder haben dieser Resolution zugestimmt.

Deutschland stand im Fall Libanon zudem in einer besonderen Verantwortung, denn stark mitentscheidend durch den Einsatz dieser Bundesregierung, war es gelungen dem Blutvergießen im Nahen Osten durch den Waffenstillstand ein zu mindestens vorläufiges Ende zu bereiten. Diesem ersten Schritt musste ein weiterer folgen. Das weitere deutsche Engagement mit Einsatz der Bundeswehr ist somit eine konsequente Fortsetzung unserer Friedensbemühungen im Nahen Osten. Natürlich ist so ein Unterfangen nie ungefährlich. Es gibt per se keine ungefährlichen Auslandseinsätze. Dennoch ist die Bundesregierung davon überzeugt, dass allein schon die Eindämmung von Gewalt, der Einhalt von Tod und Zerstörung den Einsatz rechtfertigen. Erst wenn sich die Lage in dieser Region beruhigt hat, kann der Demokratieprozess gefördert und vorangetrieben werden. Erst in stabilen politischen Verhältnissen kann Frieden entstehen und dauerhaft erhalten bleiben.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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