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Katharina Dröge
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Holger G. •

Lt. Bundesrechnungshof ist die Stromversorgung langfristig nicht mehr gesichert. Werden jetzt Atomkraftwerke wieder reaktiviert?

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Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr G.

vielen Dank für Ihre Frage. 

Nachdem der Bundesrechnungshof im Jahr 2021 das Ausbremsen der Energiewende durch die vorangegangenen Bundesregierungen kritisierte, veröffentlichte er im vergangenen Monat erneut einen Bericht zum Fortschritt der Energiewende. Eine Vielzahl der Hinweise stammt dabei, wie im Bericht selbst vermerkt, aus dem Bericht von 2021. 

Als Bündnisgrüne Bundestagsfraktion haben wir das politische Ausbremsen der Energiewende aus der Opposition heraus viele Jahre lang kritisiert und konstruktive Vorschläge eingebracht. Seit etwas über zwei Jahren arbeiten wir nun gemeinsam mit SPD und FDP in der Ampel-Koalition am Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dass dies nicht über Nacht geschehen kann, sondern bei Berücksichtigung der Versorgungssicherheit Schritt für Schritt ordentlich geschehen muss, muss mit Blick auf Planungssicherheit selbstverständlich sein.

In den letzten zwei Jahren haben wir dementsprechend die Weichen gestellt, die die Energiewende in Deutschland die nächsten Jahre stark voranbringen wird. Im Sommer 2022 wurden beispielsweise die neuen Regelungen für Flächenausweisungen und Genehmigungsverfahren beschlossen. Dabei können wir jetzt schon sehen, dass sich etwas tut. Alle Länder sind aktiv geworden, prüfen auf Grundlage des Wind-an-Land-Gesetzes Flächen und steigen in Planungsverfahren ein. Gleichzeitig sind viele Windprojekte angestoßen worden und Anlagen, die lange in Genehmigungsprozessen festhingen, wurden inzwischen genehmigt.

Die Erfolge sind deutlich: Wir haben 2023 einen Zubau bei Solaranlagen von 14,6 Gigawatt erreicht. Das Ziel waren 9 Gigawatt. Das heißt, wir haben das Ziel bei Weitem übertroffen. 

Auch bei Wind an Land haben wir zugelegt. Dort haben wir eine Steigerung um circa 50 Prozent erzielt. Das reicht noch nicht aus. Aber bei den Genehmigungen im Jahr 2023 gab es eine Steigerung um 80 Prozent. Und wir haben mit dem Wind-an-Land-Gesetz dafür gesorgt, dass die Flächen, die ja so oft für den Ausbau fehlen, in den Ländern bereitgestellt werden müssen. Also: Wir kommen auch mit dem Windausbau voran und sehen dort Erfolge. Wir hatten letztes Jahr erstmalig über 50 Prozent erneuerbare Energien im Stromsektor und das ist ein gemeinsamer großer Erfolg dieser Regierung.

Neben dem Ausbau der Erneuerbaren haben wir als Ampel-Koalition noch eine Vielzahl an weiteren Verbesserungen für den Strommarkt auf den Weg gebracht. Dazu gehören unter anderem Gesetze zur Planungsbeschleunigung, wodurch eine neue Leitung zukünftig nur noch drei bis vier statt sechs Jahre braucht. Auch das Wasserstoffkernnetz von 9.700 Kilometer Länge, das wir auf den Weg gebracht haben, ist ein wichtiger Beitrag für die Energiewende im ganzen Land. 

Bezüglich der Anmerkungen des Bundesrechnungshofs ist zu beachten, dass der Bundesrechnungshof die neue Kraftwerkstrategie der Bundesregierung nicht in seinem Sonderbericht berücksichtigt hat. Darin haben wir in Abstimmung mit der EU und nach Einigung innerhalb der Koalition festgelegt, dieses Jahr mit der Ausschreibung einer 10-Gigawatt-Leistung zu beginnen.

Bezüglich Ihrer Anmerkungen zum Atomstrom sein angemerkt: Atomenergie ist teuer, gefährlich und trägt nicht zum Klimaschutz bei. Die Argumente für die Atomenergie basieren häufig schlicht auf Verkürzungen oder Unwahrheiten. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Kosten von einer Kilowattstunde Atomstrom bis zu viermal so hoch sind wie die Kosten von einer Kilowattstunde Wind- oder Solarenergie. Während die Kosten für Erneuerbare überall sinken, sind die Kosten für AKW seit dem Bau der ersten Kraftwerke gestiegen. Grundsätzlich gilt: Je länger eine Technologie existiert, desto günstiger wird sie durch Lerneffekte und Standardisierung. Nicht so aber bei Atomkraftwerken: Im Vergleich zu den 70er Jahren haben sich Baukosten verfünffacht. Bauprojekte der letzten Jahrzehnte haben sich massiv verzögert, ihre prognostizierten Projektbudgets um ein Vielfaches gesprengt und als ökonomisches Milliardengrab die finanziell verantwortlichen Unternehmen ins Wanken gebracht. Entsprechend sind AKW für private Kapitalgeber*innen unrentabel und nicht wettbewerbsfähig. Daher war und ist bis heute jedes AKW auf staatliche Subventionen angewiesen, die Steuerzahler weltweit belasten. Kurzum: Die Atomkraft war, ist und bleibt eine der teuersten Stromerzeugungstechnologien. Sowohl aus politischer als auch aus ökonomischer Perspektive ergibt es keinen Sinn, Milliarden in eine nicht wettbewerbsfähige Hochrisikotechnologie zu investieren anstatt in verfügbare risikoärmere klimafreundliche erneuerbare Technologien.

Mit freundlichen Grüßen

Team Dröge

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