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Otto Fricke
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Frage von Mario B. •

Warum hält die FDP am Dieselprivileg fest?

Sehr geehrter Herr Fricke,

die FDP fordert immer wieder den Abbau von Subventionen, um den Haushalt zu entlasten. Die Streichung des sogenannten Dieselprivilegs wäre hier doch ein sinnvoller Ansatz. Nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch aus umweltpolitischen.

Mit dieser Maßnahme wären Mehreinnahmen von ca. 8 Milliarden Euro pro Jahr zu erwarten.

Warum macht die FDP also hier keinen Vorschlag innerhalb der Koalition?

Dass Dieselfahrzeuge in der Kfz-Steuer höher belastet werden als Benziner, ist m. M. n. kein Argument, da Dieselfahrzeuge die Umwelt weitaus mehr belasten und dies eine zentrale Komponente der Gestaltung der Kfz-Steuer darstellt.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr B.

vielen Dank für Ihre Frage. Tatsächlich kann man bei der Beantwortung der Fragen nach den bestehenden steuerrechtlichen Regelungen zu Fahrzeugen mit Dieselmotor zu unterschiedlichen Antworten kommen. Hier gilt es einen möglichst ausgewogenen Ausgleich aller betroffenen Interessen zu erzielen. 

Der Begriff der Subventionen im Zusammenhang mit der Dieselbesteuerung ist nicht völlig passend, da es sich eher um unterschiedliche Steuerstrukturen als um eine tatsächliche Subvention handelt. Dem niedrigeren Steuersatz auf Dieselkraftstoff stehen höhere Steuersätze bei der Kraftfahrzeugsteuer gegenüber. Pro angefangene 100 ccm fallen beim Benziner (Ottomotor) 2 Euro und beim Diesel 9,50 Euro Steuer an. Seit 01.01.2021 wird die Steuer für Neuzulassungen mit CO2-Ausstoß über 96 Gramm pro Kilometer schrittweise erhöht. Prof. Dr. Michael Bräuninger hat das in einer Anhörung im Finanzausschuss 2018 mal passend vorgetragen. In fast allen EU-Ländern liege der Steuersatz für Diesel unter dem von Benzin. Selbst wenn die unterschiedliche Steuerstruktur zu Mindereinnahmen beim Staat führe, handelt es sich nicht um eine Subvention, sondern eine Begrenzung der Steuerlast für Bürger und Unternehmen. Die Begrenzung der Steuerlast sei sinnvoll, weil Unternehmen und Personen, die größere Strecken zurücklegen müssten, besonders von der Steuer betroffen seien.

Zunächst einmal aber zu den Zahlen. In Ihrer Zuschrift bringen Sie an, dass durch eine Abänderung der steuerrechtlichen Regelungen Mehreinnahmen von 8 Milliarden Euro jährlich zu erwarten wären. Sie beziehen sich vermutlich auf § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b des Energiesteuergesetzes (EnergieStG), welcher den Steuertarif für Gasöle der Unterpositionen 2710 19 43 bis 2710 19 48 sowie 2710 20 11 bis 2710 20 19 der Kombinierten Nomenklatur mit einem maximalen Schwefelgehalt von 10 mg/kg auf 470,40 Euro je Tonne festlegt. Im Vergleich hierzu wird die Besteuerung von Benzin spezifiziert durch die Unterpositionen 2710 12 41, 2710 12 45 und 2710 12 49 der Kombinierten Nomenklatur ebenfalls mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/kg mit 654,50 Euro je Tonne veranschlagt. Diese steuerliche Diskrepanz wird häufig fälschlicherweise als "Dieselprivileg" tituliert, ist aber, wie gesagt, keine Subvention, sondern Folge der unterschiedlichen Steuerstrukturen, die übrigens von breiten Mehrheiten in verschiedensten vergangenen Regierungen übernommen wurden. Angesichts eines Absatzes von 34,8 Millionen Tonnen Dieselkraftstoff in der Bundesrepublik im Jahr 2022 könnten (unter sonst gleichen Bedingungen) steuerliche Mehrerträge aus der EnergieSt zuzüglich der Umsatzsteuer, in der von ihnen skizzierten Dimension resultieren, insofern eine Angleichung der Besteuerung von Diesel an jene von Benzin vorgenommen wird. 

Allerdings wurde das derzeitige Besteuerungssystem für Dieselkraftstoff unter Berücksichtigung des Nutzfahrzeugsektors sowie des gewerblichen Lkw-Verkehrs und dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit eingeführt. Der Güterverkehr, der primär auf Dieselkraftstoff angewiesen ist, konkurriert mit europäischen Mitbewerbern, in dem ähnliche steuerliche Differenzierungen in anderen Ländern existieren. Die differenzierende Wirkung der Kraftfahrzeugsteuer wurde also ursprünglich für den Güterverkehr konzipiert, aber auch Sektoren wie etwa die ambulante Pflege im ländlichen Raum oder das Handwerk profitieren hiervon. 

Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass diese Technologie zum Zeitpunkt des Kaufes in dem Ruf stand, besonders sparsam und damit umweltschonend zu sein, denn der Dieselmotor verbrenne effizienter als ein Benzinmotor und stoße deswegen bis zu 15 Prozent weniger Kohlendioxid aus. Die Käufer, die, wie gesagt, gerade auch im Güterverkehr, Handwerk und in der Pflege tätig sind, haben sich auf diese Aussagen verlassen – würde man die steuerliche Entlastung abrupt streichen, würde nicht nur eine steuerliche Mehrbelastung, sondern auch ein erheblicher Wertverlust der Fahrzeuge folgen, dies scheint zum jetzigen Zeitpunkt nicht verhältnismäßig. 

Abschließend sei jedoch betont, dass wir Ihr Anliegen grundsätzlich teilen. Wir befürworten die Implementierung eines effektiven Emissionshandelssystems mit einer strengen Obergrenze für CO2-Emissionen. Damit würden wir Diesel und Benzin in relevanten Punkten gleichstellen. Infolgedessen wäre gleichwohl eine Neubewertung der insbesondere auch klimapolitisch motivierten Steuern wie der Energiesteuer und der Kraftfahrzeugsteuer angezeigt.

Mit besten Grüßen

Otto Fricke 

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