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Paul Lehrieder
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Frage von Peter C. •

Frage an Paul Lehrieder von Peter C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lehrieder,

wie ich so eben erfahren habe, haben Sie in der Abstimmung über Internet-Sperren FÜR diese gestimmt.
Ich würde Sie, als meinen Abgeordneten, darum bitten, hierzu Stellung zu nehmen und mir Ihre Beweggründe hierfür zu erläutern.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Czyz

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Czys,

für Ihre Anfrage zum Thema "Abstimmung über Internet-Sperren" danke ich Ihnen sehr herzlich.

Ich habe aus den folgenden Gründen für den Entwurf der Bundesregierung gestimmt:

Im Einzelfall mögen zwar Internet-Nutzer die geplanten Zugriffserschwerungen umgehen können. Das ist aber kein Argument gegen die Einführung der geplanten Zugriffserschwerung. Die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, die derartige oder ähnliche Mechanismen der Zugriffserschwerung auf kinderpornographisches Material im Internet nutzen, sprechen vielmehr dafür, dass die Zugriffserschwerung in erheblichem Maße wirksam ist. Allein in Schweden werden täglich rund 50.000 Klicks auf kinderpornographische Seiten verhindert. Das zeigt deutlich, dass die Zugriffserschwerung auf kinderpornographisches Material im Internet wirkt. Es ist völlig unbestritten, dass die geplante Zugriffserschwerung nicht zum Verschwinden von Kinderpornographie aus dem Internet führen wird. Aber jeder verhinderte Klick auf eine derartige Internetseite ist nach meiner Überzeugung ein Erfolg.

Völlig unbestritten ist auch, dass die Erschwerung des Zugangs zu derartigem Material für sich alleine nicht ausreicht, um gegen den Sumpf der Kinderpornographie auf mittlere und lange Sicht erfolgreich zu sein. Mindestens genau so wichtig ist es, den Kinderschändern, die Kinder missbrauchen und derartige Bilder produzieren, das Handwerk zu legen. Schon nach geltendem Recht machen sich diejenigen, die kinderpornographisches Material konsumieren oder im Begriff sind, es sich zu verschaffen, strafbar. Der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung am 22. April 2009 vorgelegt hat, sieht deshalb - völlig zurecht - auch vor, dass die Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich die Möglichkeit erhalten sollen, die Identität der Internet-Nutzer aufzudecken, die wissentlich auf kinderpornographisches Internet-Material zugreifen. Ich unterstütze diesen Vorschlag, weil er konsequent ist und nach meiner Überzeugung eine entsprechende Abschreckwirkung entfalten wird, die ich im Zusammenhang mit dieser abscheulichen Form von Kriminalität für unerlässlich halte.

Es darf selbstverständlich nicht dazu kommen, dass unbescholtene Internetnutzer, die versehentlich auf eine Internetseite mit kinderpornographischem Inhalt gelangen, künftig eine Strafe riskieren. Keineswegs wird durch die geplante Zugriffserschwerung die Unschuldsvermutung aufgehoben. Es wird nicht so sein, dass die anfallenden Internet-Nutzungsdaten ohne richterlichen Beschluss oder gar routinemäßig an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden. Stattdessen werden selbstverständlich die allgemeinen strafprozessualen Vorschriften auch in diesem Zusammenhang weiterhin uneingeschränkt gelten. Die Strafverfolgungsbehörden werden Zugriff auf diese Daten nicht etwa „im Paket“ und ohne Verdacht, sondern nur im Einzelfall und im Einklang mit dem geltenden Strafprozessrecht erhalten können. Der Zugriff auf derartige so genannte Telekommunikations-Verkehrsdaten setzt nach geltendem Recht einen richterlichen Beschluss voraus. Wird im Einzelfall ein Ermittlungsverfahren eröffnet, müssen die Strafverfolgungsorgane einen entsprechenden Vorsatz des Nutzers nachweisen, sich derartiges kinderpornographisches Material zu verschaffen. Dies ist geltendes Recht und wird selbstverständlich auch künftig Geltung beanspruchen.

Ich bin überzeugt: Die geplante Zugriffserschwerung auf Kinderpornographie im Internet wird die Sensibilität für dieses wichtige Thema in unserer Gesellschaft weiter erhöhen. Es werden aber weitere Anstrengungen und Maßnahmen notwendig sein, um nachhaltige Erfolge gegen Kinderpornographie zu erzielen. Die geplante Zugriffserschwerung ist aber deshalb ein wichtiger Baustein, weil sich die Server, auf denen sich Kinderpornographie befindet, zum Teil im Ausland - insbesondere außerhalb der Europäischen Union - befinden. Wenn derartiges Material auf Servern in Deutschland festgestellt wird, wird die sofortige Entfernung des Materials durchgesetzt. Befindet sich der Server allerdings im Ausland - und insbesondere außerhalb der Europäischen Union - können deutsche Behörden hingegen in der Regel die Entfernung kinderpornographischer Inhalte nicht durchsetzen. Die Erschwerung des Zugriffs deutscher Internet-Nutzer auf die entsprechenden Seiten ist in diesen Fällen praktisch der einzige Ansatzpunkt, um die Verbreitung solcher abscheulicher Bilder wenigstens in Deutschland in einem gewissen Umfang zurückzudrängen.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Es gibt auch im Internet keinen Freibrief zur Begehung von Straftaten oder zur Verbreitung von Material, die in jedem anderen Kommunikationsmedium aus guten Gründen untersagt ist. Ein Staat, der nicht in der Lage wäre, der massiven Verbreitung solcher menschenverachtender Inhalte etwas entgegenzusetzen, würde sich in den Augen der Bürgerinnen und Bürger auf Dauer zu Recht unglaubwürdig machen.

Mit freundlichen Grüßen

Paul Lehrieder MdB

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