Portrait von Sven Lehmann
Sven Lehmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Marco B. •

Bestehen Pläne, den § 183 StGB anzupassen, damit zukünftig keine Männer, die sich über das Selbstbestimmungsgesetz als Frauen deklarieren, exhibitionistische Handlungen straffrei vollziehen können?

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Guten Tag,

Wir stärken mit dem Selbstbestimmungsgesetz die Grundrechte. Die eigene Selbstbestimmung ist eine zentrale Voraussetzung für ein Leben in Freiheit und Würde, wie es das Grundgesetz allen Menschen garantiert. Dieses Recht wurde trans- und intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Menschen jahrzehntelang verweigert.

Mit dem SBGG beenden wir staatliche Bevormundung und Fremdbestimmung. Menschen können nun ihren bei der Geburt falsch zugeordneten Geschlechtseintrag korrigieren und ihren Vornamen unbürokratisch durch Erklärung bei einem Standesamt ändern. Das bedeutet mehr persönliche Freiheit für die Personen und ein Ende der bisher geltenden entwürdigenden, langwierigen und kostenintensiven Praxis. Die Entscheidung über das eigene Leben geben wir dahin, wo sie hingehört: In die Hände der jeweiligen Personen.

Das Gesetz tritt damit an die Stelle des diskriminierenden Transsexuellengesetzes (TSG) von 1980.

Damit kommt Deutschland einer Aufforderung des Europarats nach: Alle Mitgliedstaaten des Europarates sind angehalten, ihre Verfahren zur Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags auf Selbstbestimmung basierend zu gestalten. Für Erfahrungen in der Praxis hilft zudem der Blick in andere Länder. Es gibt inzwischen weltweit 15 Länder mit einem Selbstbestimmungsgesetz. In Argentinien bereits seit über 10 Jahren. Eine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion an die Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode hat dabei gezeigt, dass schwerer Missbrauch einer Selbstbestimmung beim Geschlechtseintrag international nicht bekannt ist. Dabei ist es wichtig herauszustellen, dass das Selbstbestimmungsgesetz keine bestehenden Strafgesetze ändert. Straffälliges Verhalten wird nach wie vor geahndet und entsprechend verfolgt. Eine Änderung des Paragraphen 183 StGB ist darüber hinaus aktuell nicht beabsichtigt.

Um Missbrauch zu verhindern, sieht das Gesetz eine einjährige Sperrfrist für weitere Änderungen vor. Darüber hinaus soll eine Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen künftig durch eine "Erklärung mit Eigenversicherung" gegenüber dem Standesamt bewirkt werden können. Hierzu muss die betreffende Person erklären, dass ihr Geschlechtseintrag geändert werden soll. Sie hat mit ihrer Erklärung zu versichern, dass der gewählte Geschlechtseintrag oder die Streichung des Geschlechtseintrags ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht. Außerdem muss sie versichern, dass ihr die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist. Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen soll drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden. 

Dabei gilt der Schutz von Frauen ohne Wenn und Aber. Daran ändert das Selbstbestimmungsgesetz nichts. Erfahrungen aus anderen Ländern mit ähnlichen Gesetzen bestätigen das. Deshalb sprechen sich auch u.a. die Frauenhauskoordinierung & der Deutsche Frauenrat für das neue Gesetz aus. 

Mit freundlichen Grüßen

Sven Lehmann

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