Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV und Sozialhilfe

Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, um die Sanktionen bei Hartz IV und Leistungskürzungen bei Sozialhilfeempfang abzuschaffen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat dazu eine Beschlussempfehlung abgegeben und rät, den Antrag abzulehnen. Linke und Grüne stimmten für den Antrag. SPD, CDU/CSU, FDP und AfD stimmten mit "nein".

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Dafür gestimmt
126
Dagegen gestimmt
534
Enthalten
1
Nicht beteiligt
48
Abstimmungsverhalten von insgesamt 709 Abgeordneten.
NameFraktion Absteigend sortieren WahlkreisStimmverhalten
Portrait von Nicole HöchstNicole HöchstAfD201 - Kreuznach Dagegen gestimmt
Portrait von Jens KestnerJens KestnerAfD52 - Goslar - Northeim - Osterode Dagegen gestimmt
Portrait von Frank MagnitzFrank MagnitzAfD55 - Bremen II - Bremerhaven Nicht beteiligt
Portrait von Sebastian MünzenmaierSebastian MünzenmaierAfD205 - Mainz Dagegen gestimmt
Portrait von Marcus BühlMarcus BühlAfD Dagegen gestimmt
Jürgen Pohl AfDJürgen PohlAfD189 - Eichsfeld – Nordhausen – Kyffhäuserkreis Dagegen gestimmt
Portrait von Berengar Elsner von GronowBerengar Elsner von GronowAfD146 - Soest Dagegen gestimmt
Uwe SchulzUwe SchulzAfD173 - Gießen Dagegen gestimmt
Portrait von Axel GehrkeAxel GehrkeAfD9 - Ostholstein - Stormarn-Nord Nicht beteiligt
Portrait von Alice WeidelAlice WeidelAfD293 - Bodensee Dagegen gestimmt
Portrait von Jochen HaugJochen HaugAfD94 - Köln II Dagegen gestimmt
Portrait von Martin HohmannMartin HohmannAfD174 - Fulda Dagegen gestimmt
Stefan Keuter, MdBStefan KeuterAfD120 - Essen III Dagegen gestimmt
Portrait von Jens MaierJens MaierAfD159 - Dresden I Dagegen gestimmt
Portrait von Christoph NeumannChristoph NeumannAfD152 - Leipzig I Dagegen gestimmt
Portrait von Matthias BüttnerMatthias BüttnerAfD66 - Altmark Dagegen gestimmt
Portrait von Stephan ProtschkaStephan ProtschkaAfD230 - Rottal-Inn Dagegen gestimmt
Dr. Michael Espendiller, MdBMichael EspendillerAfD128 - Steinfurt III Dagegen gestimmt
Portrait von Thomas SeitzThomas SeitzAfD283 - Emmendingen - Lahr Dagegen gestimmt
Portrait von Albrecht GlaserAlbrecht GlaserAfD170 - Schwalm-Eder Dagegen gestimmt
Portrait von Harald WeyelHarald WeyelAfD Nicht beteiligt
Martin HebnerAfD224 - Starnberg - Landsberg am Lech Dagegen gestimmt
Portrait von Bruno HollnagelBruno HollnagelAfD10 - Herzogtum Lauenburg - Stormarn-Süd Dagegen gestimmt
Portrait von Norbert KleinwächterNorbert KleinwächterAfD Nicht beteiligt
Portrait von Lothar MaierLothar MaierAfD259 - Stuttgart II Dagegen gestimmt

Der Antrag der Linksfraktion forderte die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, der die Sanktionen bei Hartz IV (SGB II) und Leistungseinschränkungen bei Sozialhilfe (SGB XII) streichen soll. Klagen, die gegen diese Sanktionen eingereicht werden, sollen bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes aufgeschoben werden.
Begründet wurde die Aufforderung damit, dass bei Kürzungen durch Sanktionen das Existenzminimum unterschritten werde, was nicht mit Einhaltung Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes - "Die Würde des Menschen ist unantastbar. [...]" - zusammengehen würde.
Bei Streichung der Leistungszahlungen würde nicht nur die sanktionierte erwachsene Person betroffen sein, sondern eventuell auch deren Kinder. Aufgrunddessen habe sich die Kinderschutzkommission des Bundestages in der letzten Legislaturperiode ebenfalls für eine Streichung dieser Sanktionen eingesetzt.
Weiter begründete die Linksfraktion ihren Antrag damit, dass Menschen zu schlecht bezahlter, befristeter Erwerbsarbeit gedrängt würden, die sowohl dem Arbeitsmarkt als auch den allgemeinen Arbeitsbedingungen schaden würden. Demnach werde noch immer das Vorurteil des "arbeitsunwilligen Hilfebedürftigen" verbreitet, obwohl die meisten Menschen mit tatsächlichen Problemen auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen haben. Durch die Sanktionen würden die Lebensverhältnisse weiterhin verschlechtert und betroffene Personen unter Umständen sogar bis in die Wohnungslosigkeit getrieben und zu weiterem Fehlverhalten bewegt.
Auch das Bundesverfassungsgericht prüfe gerade die Rechtmäßigkeit der Sanktionen und Leistungskürzungen, jedoch sollte die Menschenwürde nicht nur von den Gerichten, sondern auch vom Parlament geschützt werden.

Die Beschlussempfehlung des Ausschuss für Arbeit und Soziales rät den Antrag abzulehnen. Das Parlament hat mit den Stimmen von Linken und Grünen für den Antrag der Linken gestimmt, folgte der Beschlussempfehlung also nicht. CDU/CSU, SPD, FDP, Afd und die beiden Fraktionslosen stimmten mit "nein", womit der Antrag abgelehnt wurde. Leni Breymaier (SPD) enthielt sich ihrer Stimme.

Anmerkung der Redaktion: Aus der offiziellen Aufzeichnung des Parlaments geht hervor, dass im Zusammenhang mit dem Fraktions-Antrag eine klare Mehrheit mit "Ja" gestimmt hat. Formal ist dies korrekt: Denn die Abgeordneten haben in der Plenarsitzung nicht über den Originalantrag der Fraktion abgestimmt, sondern über eine Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses. Deswegen bedeutet eine Ja-Stimme auf der Bundestagswebsite, dass die Beschlussempfehlung angenommen wurde und nicht der Antrag selbst. Da so aber fälschlicherweise der Eindruck entstehen könnte, CDU/CSU, SPD, FDP und AfD hätten für den Linken-Antrag gestimmt und die anstragstellende Fraktion dagegen, haben wir uns für eine klarere Darstellung entschieden und den Originalentwurf der Fraktion zur Grundlage genommen. Das bedeutet: Eine "Ja"-Stimme auf dieser Seite ist ein "Ja" zum Fraktions-Antrag.

Zudem wurde auch der Antrag der Grünenfraktion zum Thema namentlich abgestimmt. In diesem forderten auch die Grünen, dass das Existenzminimum durch Sanktionen nicht unterschritten werden dürfe. Außerdem sollen die Hartz IV Regelungen so geändert werden, dass (zusätzliche) Erwerbsarbeit die Menschen wieder besserstelle. Die Personalstärke soll erhöht und das Fallmanagement in den Jobcentern optimiert werden. Über 25-Jährige, die über zwei Jahre arbeitslos sind und keine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt haben, sollen individuell besser gefördert werden können. Der Antrag wurde ebenfalls abgelehnt.

Von der SPD-Fraktion äußerte sich Dagmar Schmidt in der Plenardebatte. Sie betonte, dass die SPD nicht sei nicht für eine komplette Abschaffung der Sanktionen, jedoch für deren Abwandlungen. So sollen zum Beispiel Kürzungen bei den Kosten der Unterkunft wegfallen und über und unter 25-Jährige gleichbehandelt werden. Das eigentliche Ziel der SPD sei aber ein ganz anderes: die Arbeitslosigkeit an sich  bekämpfen und zwar mit verschiedenen Weiterbildungs- und Unterstützungsmaßnahmen.
Jörg Schneider (AfD) rechtfertigte die Sanktionen der Jobcenter. Diese wären mit großem bürokratischem Aufwand verbunden und von daher mit äußerstem Bedacht gefällt. Weiter bemerkte er, dass man von Arbeitnehmern auch Erfüllung der Pflichten fordere. Damit bezog er sich darauf, dass die meisten Sanktionen wegen Versäumnisse ausgesprochen würden. Er kritisierte zudem das Projekt "sozialer Arbeitsmarkt" von der Bundesregierung, das nur scheitern könne und verwies dabei auf ein ähnliches Projekt in Österreich, welches nach einem halben Jahr abgesetzt wurde.
Die positiven Effekte von Hartz IV lobte Kai Whittaker (CDU). Seitdem wären weniger Menschen kurzfristig beschäftigt, die Löhne (auch im Niedriglohnsektor) wären gestiegen und es wären weniger Menschen in befristeten Arbeitsverhältnissen angestellt.
Pascal Kober der FDP-Fraktion bemerkte, dass Linke und Grüne in ihren Anträgen die Grundpfeiler des Sozialstaates in Frage stellen.