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Frage von Maria G. •

Frage an Thomas Oppermann von Maria G. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Oppermann,

Ich beziehe mich auf das Gesetz zur Beschneidung von Jungen, dem sie zugestimmt haben.

In ihrem Beitrag vom 13.12.12 haben sie geschrieben:

"Die körperliche Unversehrtheit der Kinder ist ein hohes Rechtsgut, das ebenfalls vom Grundgesetz garantiert ist. Deshalb schreibt das Gesetz vor, dass die Beschneidung nach den Regeln der ärztlichen Kunst und ohne unnötige Schmerzen durchzuführen ist."

Hierzu habe ich 2 Fragen an Sie:

1. Meines Wissens erlaubt es das Gesetz, dem Sie zugestimmt haben, dass Personen ohne abgeschlossenes Medizinstudium und ohne Approbation diesen chirurgischen Eingriff an den Genitalien von Jungen vornehmen dürfen, die noch keine 6 Monate alt sind.

Wie ist dies vereinbar mit der von Ihnen genannten Bedingung, dass die Beschneidung nach den Regeln ärztlicher Kunst vorgenommen werden muss, wenn an den Genitalien von Jungen unter 6 Monaten medizinische Laien herumschneiden dürfen? Und warum garantiert dieses Gesetz nur Jungen über 6 Jahren, dass die Beschneidung durch einen medizinisch professionell ausgebildeten Facharzt vorgenommen werden muss?

2. Was genau verstehen Sie unter "unnötige Schmerzen"? Ich nehme an, wenn die Beschneidung von einem Facharzt vorgenommen wird, ist eine fachgerechte, moderne Anästhesie selbstverständlich. Wie aber wollen Sie als Gesetzgeber garantieren, dass der medizinische Laie, der einen Jungen unter 6 Monaten im Wohnzimmer seiner Eltern im Rahmen einer religiösen Zeremonie beschneidet, überhaupt in der Lage ist eine fachgerechte Anästhesie durchzuführen und dass er diese auch wirklich durchführt, damit dem Kind absolute Schmerzfreiheit garantiert ist?

Mit freundlichen Grüßen

Maria Geisner

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Geisner,

es stimmt, dass auch künftig Mohalim (jüdische Beschneider) diesen Eingriff bis zum Alter von 6 Monaten vornehmen dürfen.

Ich begrüße es, dass der Zentralrat der Juden ein „Institut für die Zertifizierung von Mohalim in Deutschland“ plant, das hohe Ausbildungsstandards garantieren wird.

In einer Stellungnahme des Zentralrats der Juden in Deutschland an den Rechtsausschuss des Bundestages heißt es: „Es soll sichergestellt werden, dass es sich bei den in Deutschland tätigen Mohalim um solche handelt, die – wie vom Gesetz gefordert – den Eingriff lege artis durchzuführen wissen, inklusive Hygiene, Desinfektion, Sterilität, Schmerzlinderung und Erstversorgung bei Notfällen. Neben der chirurgischen Ausbildung durch Fachärzte (Urologen, Chirurgen, Anästhesisten und Pädiater) und der religionsgesetzlichen Ausbildung wird auch eine juristische Unterweisung (insbesondere bzgl. geforderter Aufklärungspflichten) vermittelt. Amtierende Mohalim müssen ihre Befähigung zum Amt durch ein ausländisches Zertifikat nachweisen, die juristische Ausbildung jedoch nachholen. Mohalim ohne Zertifikat oder Befähigungsnachweis einer anerkannten Ausbildungsstätte, die eine bestimmte Anzahl von Beschneidungen durchgeführt haben, sollen nach Abschluss eines Hygiene-Kurses, Unterweisung in den relevanten juristischen Grundlagen und Begutachtung einer Beschneidung durch einen Arzt eine Zertifizierung erhalten. Zertifizierte Mohalim müssen zur Gültigkeit des Zertifikats alle zwei Jahre ein ärztliches Fortbildungsseminar zur Beschneidung nachweisen.“

Die von Ihnen genannte Frist von 6 Monaten war umstritten. Fachleute für Rechts- und Gesundheitspolitik der SPD-Fraktion wie Christine Lambrecht, Dr. Carola Reimann und Burkhard Lischka haben mehrere Änderungsanträge zum Regierungsentwurf zur Abstimmung gestellt. Darin ging es um eine Verkürzung der Frist von 6 auf 2 Monate und weitere Präzisierungen im Gesetzestext.

Diese Anträge fanden jedoch keine Mehrheit. Unser Fraktionsvorsitzender Dr. Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Bundestagsrede am 13.12.2012 bedauert: „Wir haben einige wenige, aber sinnvolle Verbesserungsvorschläge vorgelegt. Es wäre klug gewesen, im Rechtsausschuss wenigstens eine Verständigung über eine Rechtsverordnungsermächtigung hinzubekommen, mit der später zum Beispiel Aufklärungspflichten und Qualifikationsanforderungen an die Beschneider präziser hätten geregelt werden können. Auch den Zeitraum, in dem religiöse Beschneider den Eingriff vornehmen können, hätten wir vernünftig und – da bin ich mir sicher – ohne Verletzung irgendwelcher religiöser Pflichten regeln können. Das sind Vorschläge, meine Damen und Herren, die immerhin in Übereinstimmung mit dem Votum des Deutschen Ethikrates formuliert worden sind. Deshalb erstaunt mich schon, dass Sie in einer derart sensiblen Frage nicht mehr Wert auf eine aus meiner Sicht erreichbare gemeinsame Lösung gelegt haben.“

Trotz dieser Kritik war es aus meiner Sicht richtig, diesen Gesetzentwurf zur Beschneidung zu verabschieden. Ich fände es unerträglich, wenn wir das einzige Land in Europa wären, das nichtärztliche oder ärztliche jüdische Beschneider mit dem Staatsanwalt verfolgt und mit Strafrecht sanktioniert.

Es ist für mich eine Frage der religiösen Toleranz, Beschneidungen in den beschriebenen Grenzen gesetzlich zuzulassen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Oppermann