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Dirk Kienscherf
SPD
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Frage von Hans M. •

Frage an Dirk Kienscherf von Hans M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Dirk Kienscherf,

Meine Frage bezieht sich auf die Dimensionen der sozialen Ungleichheit.

Ich bin ein Schüler des Gymnasium Lohbrügge und möchte gern wissen wie Sie und Ihre Patei über die Ungleichheit bezüglich der sozialen Herkunft und der darauffolgenden Chancen in der Arbeitswelt denken und ob und was Ihre Partei dagegen tun will und kann.

MfG,
Hans Müller

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Sehr geehrter Herr Müller,

uns Sozialdemokraten ist durchaus bewusst, dass trotz rechtlicher Gleichheit vor dem Gesetz und den staatlichen Institutionen aufgrund des sozialen Umfeldes und den dadurch bedingten Bildungsvoraussetzungen Ungleichheiten bestehen. Viele Kinder, insbesondere mit Migrationshintergrund, haben schon beim Eintritt in das Schulleben deutliche Nachteile, zum Beispiel aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse.

Aus diesem Grunde treten wir für eine deutlich verbesserte und frühest mögliche Förderung von Kindern und Jugendlichen ein. Dabei müssen zum einen die Betreuungsmöglichkeiten inklusive der Sprachförderung im Kita-Bereich verbessert und das Vorschulangebot wider kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Zum anderen wollen wir mit der Umstellung des dreigliedrigen Schulsystems übergangsweise auf ein zweigliedriges die Förderungsmöglichkeiten bisher benachteiligter Schülerinnen und Schüler deutlich verbessern. Zukünftig muss die bestmögliche Förderung und nicht die frühe Ausgrenzung von Schülern in den Mittelpunkt der Bildungspolitik gestellt werden. Dabei wird es darauf ankommen, dass gerade Schulen in sozial eher benachteiligten Stadtteilen eine – im Vergleich zu anderen Schulen - deutlich verbesserte personelle und materielle Ausstattung erhalten und in diesem Zusammenhang auch niedrigere Klassenfrequenzen erhalten. Nur durch ein solches verbessertes Bildungsangebot in sozial eher schwächeren Gebieten kann es gelingen, zu mehr Chancengerechtigkeit in Hamburg zu kommen. Und dieses ist das Ziel unseres Konzeptes der „Menschlichen Metropole Hamburg“. Der CDU-Senat hat auf diesem Gebiet bisher völlig versagt.

Zudem haben wir uns mit der rot-grünen Koalition im Bezirk Hamburg-Mitte entgegen der Sparvorgaben des Senates gegen eine weitere Kürzung der Jugendhilfegelder entschieden und werden im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Spielhäuser und des Allgemeinen Sozialen Dienstes nicht weiter belasten.

Gruß

Dirk Kienscherf

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SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

Ziel unserer Politik ist es, das nicht der Geldbeutel der Eltern oder der Wohnort entscheidend für den Erfolg eines Kindes sein darf. In unserem Wahlprogramm führen wir dazu aus:

„Immer wieder wird betont, dass Kinder unsere Zukunft seien. Die Realität:Wir tun in Deutschland viel zu wenig für die Bildung, Betreuung und Erziehung unserer Kinder. Welche Kinderfeindlichkeit zum Teil herrscht, sieht man an juristischen Schritten gegen den Lärm spielender Kinder. Es wird versucht, Kindertagesstätten aus Wohngebieten zu vertreiben. Auch auf die bereits seit Jahren veränderte Familien- und Berufssituation hat der Staat nicht angemessen reagiert. Kinderbetreuungseinrichtungen, die es Eltern ermöglichen, zu arbeiten, gibt es nicht in ausreichendem Maße. Deshalb muss sich die Situation ändern.

*Gute Bildung für alle*

Das Recht auf Bildung ist ein Grundrecht in einer menschlichen Gesellschaft. Bildungschancen für alle und damit die Möglichkeit zum Aufstieg zu sichern – das sind Kernbereiche sozialdemokratischer Politik. Bildung darf nicht vom Portemonnaie der Eltern abhängen. Hamburgs Eltern sind in den letzten Jahren durch immer neue Gebühren für staatliche Bildungsleistungen sehr belastet worden. Deshalb werden wir die Vorschulgebühren und das Büchergeld abschaffen. Wohlstand und soziale Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland hängen in Zukunft mehr denn je von guten Leistungen des Bildungssystems ab. Auf den globalisierten Märkten werden wir nur noch mit erstklassiger Qualifikation vieler bestehen können.Während andere Länder bis zu 70 Prozent eines Jahrgangs zum Abitur führen, schöpfen wir unser Potenzial noch längst nicht aus. Das muss anders werden.

*Leistungsschwächere besser fördern*

Wir werden nicht hinnehmen, dass in unserer reichen Gesellschaft viele Hauptschüler und Jugendliche keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Immer noch produziert unsere Gesellschaft, trotz absehbaren Facharbeitermangels, neue Arbeitslosengenerationen. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Unsere Schulen sind nicht ausreichend dafür ausgestattet, Lernprobleme von Kindern mit Migrationshintergrund zu bewältigen und alle Kinder ihren Begabungen entsprechend zu fördern. Bildungschancen unabhängig von Herkunft, Geschlecht und sozialer Stellung sind die wichtigsten Grundlagen für soziale Gerechtigkeit und eine erfolgreiche Entwicklung unserer Gesellschaft. Wir werden die Qualität von Bildung und Betreuung verbessern. Unser Ziel ist es, eine qualitativ hochwertige, gebührenfreie Betreuung und Bildung vom Kindergarten bis zur Hochschule anzubieten.

* *

*Bildung beginnt vor der Schule* Bereits sehr früh im Leben werden die Grundlagen für die späteren Chancen unserer Kinder gelegt. Aufmerksamkeit, Fürsorge und Anregung durch das Umfeld sind entscheidend für die weitere Fähigkeit und Motivation zum Lernen, für Neugier, Selbstvertrauen und soziale Kompetenzen. Wesentliche Weichenstellungen erfolgen vor dem Eintritt in die Grundschule. Dies gilt in besonderem Maße für das Erlernen von Sprachen. Alle Kinder brauchen deshalb frühe, nachhaltige und umfassende Sprach- und Leseförderung. Verlässliche frühkindliche Bildung und Betreuung ermöglicht allen Kindern soziale Teilhabe und unterstützt die intensive Förderung von Begabungen.

*Sprach- und Leseförderung sind Schlüssel zu guter Bildung*

Schon jetzt hat jedes zweite Kind an Hamburgs Grundschulen einen Migrationshintergrund. Häufig treffen Migrationshintergrund und soziale Probleme in Hamburger Stadtteilen zusammen. Kinder in diesen Stadtteilen scheitern oft an Sprachschwierigkeiten. Der Erwerb deutscher Sprachkenntnisse muss so früh wie möglich stattfinden. Deshalb wollen wir
• Lehrkräfte gewinnen, die selbst einen Migrationshintergrund haben;
• in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg ein Leseförderungsprogramm starten, in dem Hamburger Lehramtsstudierende an den Hamburger Schulen Lesekurse für förderbedürftige Schüler durchführen;
• ein Programm zu gezielter Elternarbeit durchführen und Eltern in die Sprachförderung wirksam einbeziehen.

Für eine gute Sprachausbildung ist es von Nutzen, auch die Förderung der jeweiligen Herkunftssprache zu ermöglichen.

*Hamburgs Schulstruktur weiterentwickeln*

Die Hamburger SPD hat einen klaren Weg zur Umgestaltung der Schulstruktur beschlossen. Langfristiges Ziel bleibt die Einführung einer Schule für alle.Wir wollen Schulen, die für alle Kinder Verantwortung übernehmen. Wir werden im ersten Schritt die Hauptschule abschaffen und durch Verbindung von Schulen verschiedener Schulformen integrierte Stadtteilschulen schaffen.Wir werden den Prozess befördern durch eine regionale Schulentwicklungsplanung und Schulaufsicht, die nicht mehr nach Schulformen gegliedert ist. Je nach der Situation in der Region werden die Schulen aus Haupt-, Real- und Gesamtschulen entstehen. Auch Gymnasien können in den Verbund der Stadtteilschule einbezogen werden oder sich zu Stadtteilschulen weiterentwickeln. Eine Fusion der verschiedenen Schulformen bleibt als Endziel erhalten, unter Respektierung des Elternwillens. Die Tatsache, dass 50 Prozent der Eltern ihre Kinder an Gymnasien anmelden, wird nicht ignoriert. Gegen den Willen der Eltern wird kein Gymnasium umgewandelt. Stadtteilschulen sollen vorrangig als Ganztagsschulen geführt werden und alle Schulabschlüsse bis zum Abitur anbieten. Dieses wird nach 13 Jahren erreicht. Sie werden durch Vernetzung mit den Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, Jugendhilfe, Stadtteilkultur, Bücherhallen und Sportvereinen in den Stadtteil hineinwirken. So sollen neue Zentren für die Stadtteile entstehen. Wir Sozialdemokraten wollen kein System, das Schüler und Schülerinnen aussortiert. Deshalb werden wir das Sitzenbleiben abschaffen. Es kann nicht mehr hingenommen werden, dass sich Schulen einfach von schwächeren Schülern trennen. Deshalb soll Schluss mit dem Abschulen sein. Die Förderung der Schüler muss im Mittelpunkt stehen. Auch Gymnasien werden in Zukunft mehr für die Förderung jedes einzelnen Schülers tun müssen, damit dieser am Ende erfolgreich ist. Ein System, in das nach der vierten Klasse 50 Prozent der Schüler wechseln, das am Ende aber nur 27 Prozent der Schüler zum Abitur führt, hat offensichtliche Schwächen.

* *

*Mehr Chancen mit einem Schulabschluss* Jeder achte Jugendliche (12 Prozent) eines Jahrganges erreicht keinen Schulabschluss. Dadurch wird die Zahl künftiger Erwerbsloser vergrößert. Wir wollen deshalb die Zahl der Schülerin- nen und Schüler ohne Schulabschluss in den nächsten sechs Jahren um die Hälfte reduzieren. Dazu werden wir

• die Regelschulzeit von neun auf zehn Jahre anheben;
• Schülerinnen und Schülern mit Schwierigkeiten ab Klasse 8 einen schulischen „Mentor“ zur Seite stellen, bis der Übergang in Ausbildung oder Arbeit gelungen ist;
• Angebote für junge Erwachsene zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses bereitstellen und
• keinem Hauptschüler und keiner Hauptschülerin verwehren, mit einem weiteren Schulbesuch einen Realschulabschluss zu erwerben.

*Perspektive in Ausbildung und Arbeit*

Rund 10.000 Jugendliche befinden sich jährlich in Hamburg in so genannten Warteschleifen, weil sie keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Jedes Jahr kommen etwa 2.000 Jugendliche dazu. Hamburg kann es sich nicht erlauben, diese Jugendlichen vom Arbeitsmarkt auszuschließen. Wir wollen deshalb allen Jugendlichen in Hamburg als „Hamburger Garantie“ nach der Schule eine Perspektive auf Ausbildung oder Arbeit geben.“

Gruß

Dirk Kienscherf

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