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Swantje Schendel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Klaus E. •

Werden Sie gegen oder für das Selbstbestimmungsgesetz stimmen? Einem Gesetz, das Menschen zwischen 14 und 18 Jahren eine sexuelle Selbstbestimmtheit voraussetzt, die die wenigsten haben.

Es gibt weltweit zahlreiche Belege von dem Leid der Betroffenen, die als Jugendliche eine derart lebensverändernde Entscheidung getroffen haben und anschließend mit den Folgen leben müssen.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr E.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein Bundesgesetz, über das ich als Landtagsabgeordnete nicht abstimme. Dennoch möchte ich Ihre Frage beantworten und erläutern, warum ich das Selbstbestimmungsgesetz unterstütze.

Das Selbstbestimmungsgesetz löst das diskriminierende Transsexuellengesetz ab, das Betroffene einem langwierigen und entwürdigenden Verfahren unterwarf. Unter diesem Gesetz mussten sich Transpersonen zwei demütigenden psychologischen Gutachten unterziehen und benötigten eine unnötige gerichtliche Entscheidung. Gegen dieses langwierige und kostspielige Verfahren und die Begutachtungspflicht sprachen sich auch begutachtenden Psycholog*innen aus. Dieses Verfahren wurde bereits mehrfach als verfassungswidrig eingestuft und bedurfte dringend einer Reform.

Der Bundestag hat mit diesem Gesetz Geschichte geschrieben. Der Schutz und die Selbstbestimmung von transgeschlechtlichen Personen sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere in einer Gesellschaft, in der trans* Personen noch immer mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert sind.

Das Gesetz ermöglicht Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren, ihre geschlechtliche Selbstbestimmung durchzusetzen – mit entsprechender Begleitung. Es gibt z.B. eine dreimonatige Reflexionszeit zwischen Anmeldung und Erklärung, sowie eine einjährige Sperrfrist für alle Betroffenen. So soll verhindert werden, dass aus einer impulsiven Entscheidung gehandelt wird. Jugendliche benötigen dazu noch das Einverständnis ihrer Erziehungsberechtigten. Es sind also Schutzmechanismen vorgesehen.

Die Selbstmordrate unter trans* Jugendlichen ist immer noch überproportional hoch. Wir müssen eben auch Jugendlichen ermöglichen ihren Geschlechtsantrag zu ändern, damit sie nicht in ein gesellschaftliches Konstrukt gezwängt werden, in welches sie nicht passen. In Deutschland gestehen auch andere Gesetze Jugendlichen ab 14 Jahren eine sexuelle Selbstbestimmung zu. Warum sollten Jugendliche also nicht auch ihre geschlechtliche Identität mitbestimmen können? Ich bin der Überzeugung, dass wir Beratungsmöglichkeiten ausbauen müssen, statt Jugendlichen die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu nehmen. 

Es ist auch wichtig anzumerken, dass es in diesem Gesetz darum geht, den Vornamen und Geschlechtseintrag ändern zu können, diese könnten nach einem Jahr wieder gewechselt werden. Es geht in diesem Gesetz nicht um Geschlechtsangleichenden OPs, aber auch bei den OPs ist nur ein verschwindet geringer Teil im Nachhinein nicht zufrieden. 

Insgesamt halte ich das Selbstbestimmungsgesetz für einen wichtigen Schritt, um die Rechte und Selbstbestimmung von transgeschlechtlichen Personen zu stärken, aber es ist noch ein weiter Weg, um einen angemessenen Schutz zu gewährleisten und die Selbstbestimmung vollständig zu ermöglichen.

Mit freundlichen Grüßen 

Swantje Schendel

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